Ein Wochenende im Schnee: Skitouren im Wallis

Tag 1: Vom Simplonpass zum Tochuhorn

Ich kann mich an keinen Moment in meinem Leben erinnern, an dem ich Freude am Skifahren hatte. Ich fand meiner Skier super, die waren gelb und hatten Drachen drauf. Die Schuhe waren aber immer unglaublich unbequem und etwas anderes als "Stämmbögele" konnte ich sowieso nie. Als Simone mich also fragte ob ich mit ihr auf eine Skitour gehe, war meine Antwort selbstverständlich "Ja".

Mein Plan war es, mit den Schneeschuhen den Berg hochzulaufen und dann mit dem Snowboard runterzufahren. Das hiess allerdings auch, dass ich das schwere Snowboard auf meinem Rücken hochtragen musste. Ich fand die Vorstellung davon gar nicht so übel, schliesslich gibt es doch einige Leute welche das so machen.

Am Samstagmorgen war es dann so weit und wir fuhren von Brig auf den Simplonpass. Das Wetter war super und wir waren nicht die Einzigen, die sich auf den Weg machten. Kurz das LVS umgeschnallt und kontrolliert, dann ging es auch schon los. Ich sollte hier noch erwähnen, dass ich die Einzige Snowboarderin war und die anderen beiden mit den Ski unterwegs waren.



Der erste Teil der Strecke lag noch im Schatten und war sehr angenehm zum Laufen. Weil vor uns schon viele Leute diesen Weg genommen hatten, hatte sich eine breite Spur gebildet die perfekt war für meine Schneeschuhe. Ich watschelte also Simone hinterher und meine Sorgen, dass ich das Schritttempo nicht halten könne, waren verflogen (jedenfalls für den Moment).
Beim ersten Wegweiser bogen wir links ab in Richtung Spitzhorli. Es folgt eine sehr lange Traverse, welche mir mit meinen Schneeschuhen zum Verhängnis wurde. Für die beiden Skifahrer war der Weg super, die konnten einfach vorwärts gleiten. Für meine Fussgelenke war der Weg die reine Tortur. Mein rechter Fuss wurde bei jedem Schritt abgedreht, die breiten Schneeschuhe fanden keinen halt in der schmalen Spur und schon bald haute es mich auf meinen Po und ich segelte den Hügel herunter. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich Simone schon lange aus den Augen verloren. Nach ein paar Metern Rutschpartie kam ich zum Halt und rappelte mich auf. Super, nun durfte ich also alles wieder hochstapfen. Fluchend rammte ich einen Fuss nach dem anderen in den Schnee und entschied, dass diese Idee doof war und skitürelen nichts für mich war. Mühsam kämpfte ich mich also in Richtung der Anderen, die ein bisschen weiter vorne auf mich warteten.



Nach einer Verschnaufpause ging es weiter und zum Glück wurde der Weg ein bisschen besser und die Spur wieder breiter. Meine Laune verbesserte sich, meine Fussgelenke konnten sich ein bisschen von den Strapazen der Traverse erholen und bald erreichten wir die Abzweigung zum Spitzhorli. Wir entschieden eine kleine Pause zu machen, damit ich meinen Rucksack mit dem schweren Brett ablegen konnte und meinem Rücken ein paar Minuten Erholung gönnen konnte. Bis dahin dachte ich noch, dass das Spitzhorli unser Ziel sein würde. Simone informierte mich über die Planänderung und dass nun neu das Tochuhorn als Ziel galt. "Wir werden über einen Grat laufen, passt also auf, dass ihr die Füsse richtig platziert und schön vorsichtig lauft." Oh, oh, ein Grat. Ich finde Gratwandern schon ohne Schnee heikel und jetzt soll ich das auch noch mit dem schweren Brett am Rücken machen. Simone und ich entscheiden, dass wir bis zu dem Grat gehen und dann entscheiden ob wir den Mut dazu  haben oder nicht.
Der Weg wird immer steiler, was zu meiner Überraschung sehr viel angenehmer ist als die schräge Traverse von vorher. Natürlich ist es für mich anstrengend, da ich diese Belastung nicht gewohnt bin, aber schliesslich wusste ich so ungefähr auf was ich mich da eingelassen hatte. "Schau einfach, dass du die Zacken der Schuhe immer schön in den Schnee haust.", rät mir Simone. Und tatsächlich finde ich mit den Schneeschuhen sehr guten Halt und komme relativ gut vorwärts. Es ist anstrengend und die Last am Rücken ist schwer aber die atemberaubende Aussicht macht alle Strapazen zunichte:


Bald erreichen wir unser Ziel: das Tochuhorn. Der zuvor erwähnte Grat war absolut kein Problem, da mir beim Überqueren gar nicht bewusst war, dass wir uns auf dem Grat befanden. Wir sehen bis nach Brig auf der einen Seite und bis zu unserem Startpunkt auf der anderen Seite. Simone und ihr Vater beraten sich, welcher wohl der beste Weg wieder runter wäre und entscheiden, dass wir den gleichen Weg nehmen wie wir raufgekommen sind. Die Felle und Schneeschuhe werden versorgt, die Helme montiert und bald stehe ich nach x Jahren zum ersten mal wieder auf meinem Snowboard. Zwei Freunde von mir hatten sich vor kurzem über den Zustand meines Snowboards lustig gemacht: "Damit darfst du nicht mehr fahren, du machst ja die Piste kaputt!". Und ob ich damit noch fahren kann! Zugegeben: Der Zustand der Kanten könnte besser sein und die Bindung stammt noch von meinem ersten Snowboard, welches bereits von meiner Schwester gefahren wurde und vor ihr von meiner Cousine. 
Ok, wie funktionierte das schon wieder mit dem Kurven fahren? Den ersten Teil der Abfahrt verbringe ich damit über den Schnee zu rutschen, rückwärts natürlich, da ich es nicht schaffe das Brett zu drehen. Wir befinden uns immer noch auf dem Grat, der wie erwähnt nicht sonderlich schmal ist, aber trotzdem nicht allzu viel Platz zum rumkurven bietet. Es haut mich ein paar mal in den Schnee aber das ist nicht weiter schlimm. "Warum fährst du rückwärts? Du musst den Oberkörper drehen, dann folgen die Füsse automatisch.", rät Simone. Ja, das ist mir schon klar. Mein Kopf weiss wie man Snowboard fährt, meine Beine haben's aber anscheinend vergessen.
Wir lassen den Grat hinter uns uns gelangen zu einem breiteren Hang mit super Schnee. Simone fährt gekonnt an mir vorbei, wie ein Schneehäschen auf Ski, und plötzlich macht's Klick bei mir und ich hab den Dreh raus (haha, Wortwitz). Die ersten Kurven fühlen sich noch unsicher an aber je schneller ich werde, desto besser funktioniert's. 
Wir erreichen die Traverse welche ich vorher so verflucht hatte und es zeigt sich, dass diese auch mit dem Board nicht sonderlich viel Spass macht. Für geübte Fahrer ist diese bestimmt ein Klacks, für mich bedeutet sie verkrampfte Waden, schmerzende Zehen und dann schliesslich kompletter Stillstand. Für den Rest des Weges ziehe ich mein Board aus und stapfe mit meinen klobigen Schuhen zurück zum Auto, wo Simone und ihr Vater bereits auf mich warten. 

Am Abend zurück im Chalet plante Simone schon die Tour für den nächsten Tag. Obwohl meine Beine schmerzten und ich erwartete, dass der Muskelkater am nächsten Tag höllisch sein würde, habe ich den Tag genossen und konnte es kaum erwarten die Schneeschuhe wieder anzuziehen.

Tag 2: Vom Simplonpass aufs Gälmji

Der nächste Tag sollte bereits früh starten. Wir hatten geplant um 7.00 Uhr zu frühstücken, damit wir um 8 Uhr aus dem Haus konnten. Mit 30 Minuten Verspätung verliessen wir dann das Haus um wieder auf den Simplonpass zu fahren. Von da aus war das Gälmji unser Ziel. Mir wurde zugesichert, dass es da keine Traversen gibt und es deswegen angenehmer sei für's Schneeschuhlaufen. Es war dann auch tatsächlich so. Wir gingen in die gleiche Richtung los wie am Vortag, bei der ersten Kreuzung bogen wir aber rechts ab. Es waren auch am Sonntag wieder viele Leute unterwegs und in der Ferne sah ich eine Snowboarderin die genau gleich wie ich unterwegs war. Super, die Strecke scheint also tatsächlich besser geeignet zu sein.


Ich hatte mit höllischem Muskelkater gerechnet und war überrascht, dass ich nach dem Aufstehen nichts spürte. Als die Route aber steiler wurde, meldeten sich meine Oberschenkel und Waden und liessen mich wissen, dass das was ich hier tat, Neuland für mich war.
Das Foto oben habe ich bei unserer ersten Pause geschossen, da ich unser Ziel nicht kannte, habe ich dieses schön Abgeschnitten. An diesem Punkt hatten wir etwa die Hälfte der Strecke hinter uns gelassen und wurden von vier Italienern überholt. Einer davon war mit Schneeschuhen unterwegs und hatte sein Brett auch auf den Rücken geschnallt. Im Gegensatz zu mir, war er aber viel schneller. Simone und ihre Mutter machten sich auf den Weg den Hügel rauf in Schlangenlinien. Ich entschied den direktesten Weg zu nehmen und geradewegs hinauf zu stapfen. Meine kleine Rutschpartie vom Vortag war mir noch sehr präsent und als ich bei einer kleinen Verschnaufpause (von welchen ich viele einlegen musste) runter schaute, wurde mir schnell bewusst, dass ausrutschen und hinfallen hier keine Option war. Ich hatte Hosen an, welche extrem rutschig waren auf dem Schnee und wusste, dass ich erst am Ende des Abhangs zum halten kommen würde. Der Schnee war aber ziemlich hart und ich konnte die Zähne der Schuhe gut einschlagen.
Trotz meiner vielen Pausen, hatte ich es geschafft den lauten, schnellen Italiener zu überholen und erreichte das Gälmji vor ihm, genau wie Simone es prophezeit hatte. Oben herrschte ein beissender Wind, sodass wir ein paar Fotos machten und schnell Schutz bei einem der aus dem Schnee ragenden Felsen suchten.


Das Sandwich war zügig verschlungen und wir machten uns an die Fahrt nach unten. Wie am Tag zuvor, folgten wir der gleichen Route runter wie rauf. Da es bei dieser Route fast keine geraden Traversen gab, hatte ich deutlich weniger Mühe mit meinem Snowboard. Ich wurde mutiger beim Fahren und konnte mein rumrutschen auf ein Minimum reduzieren (ein bisschen rumgerutsche gab es aber trotzdem noch). In der Ferne sah ich, dass Simone auf eine Gerade zusteuerte und ermahnte mich, nun ein bisschen Gas zu geben damit ich das Brett nicht ausziehen und laufen musste. Ich sauste also den Hügel runter (für fähige Snowboarder war ich wahrscheinlich im Schneckentempo unterwegs) und bemerkte, dass ich in die falsche Richtung fuhr. Kein Problem, meine Füsse hatten sich ja am Vortrag daran erinnert, wie man Kurven fährt. Ich versuchte also zu drehen, machte es anscheinend aber nicht richtig und fuhr in vollem Tempo in einen Schneehaufen rein. Nix passiert, aber meine Hoffnung, ohne doof auf dem Schnee rumrobben zu müssen über die Gerade zu kommen ist damit dahin.
Wir fahren noch ein Stück bevor es für mich dann wieder heisst: Brett ausziehen und den Rest zum Auto laufen.

Leider kann ich für die beiden Routen keine genauen Eckpunkte angeben, da ich einfach Simone hinterhertrappelte. Sie kennt sich in diesem Gebiet sehr gut aus und hatte absichtlich Anfängerrouten gewählt, wofür ich ihr sehr dankbar bin. Ich werde definitiv wieder touren gehen, das nächste Mal aber vielleicht mit Splitboard...we'll see.

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